Verkehrsrecht: Dashcam-Videos können vor Gericht zulässig sein


(Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 15.05.2018 – Az. VI ZR 233/179)

Dashcam-Videos können in einem Schadensersatzprozess von enormer Bedeutung sein. Der Geschädigte, der den Schaden an seinem Fahrzeug vor Gericht einklagen möchte, ist grundsätzlich gezwungen, das Verschulden des Gegners und den Umfang des durch den Unfall verursachten Schadens darzulegen und zu beweisen. Nicht selten ergibt sich jedoch die Konstellation, dass der Geschädigte keine weiteren Zeugen benennen kann, die seine Schilderung des Unfallhergangs belegen könnten.

Aus vorgenannten Gründen greifen Autofahrer immer häufiger zu sogenannten Dashcams. Sofern es zu einem Unfallereignis kommt, wird der Unfallhergang aufgezeichnet. Jedoch hilft diese technische Einrichtung dem Geschädigten in einem Zivilgerichtsverfahren wirklich?

Eine große Unsicherheit herrschte bislang hinsichtlich der Frage, unter welchen Umständen Dashcam-Videos überhaupt verwertet werden dürfen. Einigkeit herrschte bislang wohl dahingehend, dass eine ansatzlose und zeitlich nicht begrenzte Aufnahme des Verkehrsraumes gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen verstößt.

Zu dieser Auffassung gelangte auch der Bundesgerichtshof in dem konkret zu entscheidenden Fall (Az. VI ZR 233/17). Allerdings war damit noch nicht geklärt, ob etwaige Aufnahmen, die gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen verstoßen, dennoch in einem Zivilprozess verwendet werden dürfen. Der Bundesgerichtshof bejaht diese Frage in seiner aktuellen grundlegenden Entscheidung, wenn aufgrund einer Interessen- und Güterabwägung nach den im Einzelfall gegebenen Umständen das Interesse des Geschädigten an der Durchsetzung seiner zivilrechtlichen Ansprüche, seinem im Grundgesetz verankerten Anspruch auf rechtliches Gehör in Verbindung mit dem Interesse an einer funktionierenden Zivilrechtspflege einerseits und dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Beweisgegners in seiner Ausprägung als Recht auf informationelle Selbstbestimmung und gegebenenfalls als Recht am eigenen Bild andererseits dazu führte, dass das Interesse des Geschädigten überwiegt.

Was heißt das für die Praxis? Sicherlich ist es empfehlenswert, sich auch technisch an der Entscheidung des Bundesgerichtshofs zu orientieren und eine Dashcam einzubauen, die nicht ansatzlos und zeitlich nicht begrenzt aufzeichnet. Empfehlenswert ist wohl eine Dashcam, die nur kurze Zeitperioden (etwa 5 Minuten) aufzeichnet und anschließend die getätigte Aufnahme wieder löscht.

Aber auch wenn Ihre Dashcam die obigen technischen Voraussetzungen nicht erfüllt, wird es in einem Gerichtsprozess nicht selten möglich sein, die Aufnahmen als Beweis zu verwenden, wenn sich darlegen lässt, dass die Interessen des Geschädigten die des Schädigers überwiegen.

(Rechtsanwalt Michael Thoms, 07.08.2018)